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Predigt zum 1. Advent 2022 - Offenbarung 3,20

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.
Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.

Liebe Schwestern und Brüder!

Einfach so anklopfen, anklingeln, das tun wir fast nicht mehr. Es ist üblich u. es wird erwartet, dass wir uns anmelden, dass wir kurz Bescheid geben, bzw. im Vorfeld abklären, ob der andere, den wir besuchen wollen, auch wirklich zu Hause ist, ob es ihm recht ist, dass wir vorbeischauen u. in der Regel, wollen wir auch den Grund des Besuches wissen.

Wenn es da plötzlich und erwartete an unserer Tür klopft oder klingelt, dann sind wir im ersten Augenblick irritiert. Was sollt das? Ist was passiert? Wer steht da unangemeldet vor meiner Tür. Im besten Fall habe ich einen Türspion, oder ich kann bei einem Fenster hinausspitzeln, um mir darüber Klarheit zu verschaffen, ob die Person kenne, die da vor meiner Tür steht, oder nicht. Die Irritation und das unangenehme Gefühl steigern sich, wenn mir die Person völlig unbekannt ist. Dann beginnen die Spekulationen u. wenn ich alleinstehend und körperlich auch nicht mehr ganz auf der Höhe bin, dann macht sich ein unangenehmes, bedrohliches Gefühl breit. Um sicher zu gehen, und bevor ich die Tür tatsächlich öffne, müssen einige Fragen geklärt werden:

Wer sind Sie und Was wollen Sie? Fallen die Antworten halbwegs befriedigend und plausibel aus, dann, na dann öffne ich vielleicht meine Tür. Dies Vorsicht ist berechtigt und sie ist auch völlig richtig, weil leider Gottes zu viel passiert. Zuviel Betrug, zu viel Kriminalität. Trotzdem ist es ein starkes Bild, wenn wir uns vorstellen, dass nicht ein Fremder, sondern Christus selber vor der Tür steht,. Die Frage, die auch im heutigen Bibeltext gestellt wird: Hören wir das Klopfen und erkennen wir den, der bei uns anklopft.

Advent heißt ja ankommen. Es ist die Zeit des Wartens, aber auch die Zeit der Vorbereitung. Die Tür als Symbol ist ganz wesentlich. Bleiben meine emotionalen Türen zu, oder gelingt es mir, meine Herzenstür, meine seelischen Türen zu öffnen, wenigstens einen Spalt breit aufzumachen und das Göttliche einzulassen. Verschlossene Türen stehen dabei für eine abgrenzende und ausgrenzende Haltung. Von so vielen negativen Erfahrungen erschüttert, dass ich nicht mehr fähig und in der Lage bin, noch daran zu glauben, dass sich in der Welt etwas verändert, dass da ein Licht, die Finsternis durchbricht und die Bedrohungsszenarien verbessert werden können. Ganz zu schweigen davon, so naiv zu sein, um zu glauben, dass der Krieg aufhört, dass wir noch das Ruder herumreißen können und wirklich klüger werden, was Klima, Ausbeutung und Kapitalismus betreffen.

Advent ist Aufbruch und Hoffnung. Verschlossene Türen, verschlossene Ansichten und Haltungen gehen auf. Frische Luft kommt in mein abgestandenes Leben. Das Öffnen der Türen und Fenster öffnet meinen Blick und meine Perspektive. Gott möchte bei mir ankommen und bei mir einkehren. Vom Abendmahl ist die Rede, also von Teilen und von Tischgemeinschaft. Miteinander das Brot brechen und den Kelch des Heils gemeinsam trinken.

Der 1.Advent ermutigt uns, Verschlossenes und Verbarrikadiertes aufzubrechen. Unsere Türen und unsere Herzen zu öffnen für Gottes Wort und Gottes Ankunft.

P.S.
„Das ganze Unglück der Menschen rührt daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“
Blaise Pascale – meint, dass die Menschen versuchen durch ständige Aktivitäten den bedrängenden Gedanken an Krankheit, Verlassenheit und Tod zu entgehen, statt sich damit auseinanderzusetzen.

Man könnte den Satz auch umdrehen: Das Unglück der Menschen rührt daher, dass sie ständig in ihrem Zimmer bleiben.“ Wer immer nur daheim sitzt, kann, wie man weiß, leicht den stark grassierenden Infekt einfangen, dass er zuletzt so sehr daheim ist, dass er niemand mehr um sich herum dulden mag.

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